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Otfried Preußler und der Streit mit J.K. Rowling

on Wieland Freund 6. Oktober 2008, 16:58 Uhr An diesem Donnerstag kommt der Fantasyfilm "Krabat" ins Kino. Otfried Preußlers Roman von 1971 führt in eine düstere Welt von Magiern. Weil der Held ein 14 Jahre alter Junge ist, wird der deutsche Autor nun an Joanne K. Rowling gemessen. Dabei führt der Vergleich ziemlich in die Irre.Christian Redl als Meister (r.) und David Kross als Krabat. Der Fantasyfilm "Krabat" kommt an diesem Donnerstag ins Kino.

 


Es ist die Berühmtwerdung eines Berühmten, was weniger unsinnig ist als es klingt. Denn mit Marco Kreuzpainters „Krabat“-Verfilmung bekommt der Ruhm des „Krabat“-Schöpfers Otfried Preußler ziemlich genau ab Donnerstag eine neue Qualität. Von einer Kinowoche auf die nächste nämlich wird aus Preußler, dem Rosenheimer Volksschullehrer und wohl bekanntesten, wahrscheinlich meistgelesenen Kinderbuchautor der seligen Bonner Republik, dieses werden: ein Vertreter der allmächtigen Fantasy und des neuen Genres „All Age“.
Im Internet tönt es schon entsprechend; im „Krabat-Blog“ wird Preußler bereits als „Autor des deutschen Harry Potter“ gerühmt – dem Vergleich mit Joanne K. Rowlings Welterfolg entkommt derzeit eben kein Jugendbuch der Welt, und sei es zu einem Zeitpunkt geschrieben, da Rowling noch die Schulbank drückte und J.R.R. Tolkiens „Herr der Ringe“ gerade einmal ein Insidertipp für Hippies war.

 Die Bestseller-Autorin und ihr Leben mit Harry

Die schwedische Autorin wird überall gelesenDas Missverständnis allerdings könnte viel größer nicht sein: Statt via „All Age“ auf Zielgruppenoptimierung zu setzen, hat Preußler stets dezidiert für Kinder gearbeitet. Statt schwerterklirrender Fantasy hat er fantastische Literatur geschrieben und vor allem Märchen, Legenden und Sagen (wie den „Krabat“) neu erzählt.– Stoffe vor allem, die aus seiner nordböhmischen Heimat stammen und die seine Großmutter ihm in den „Dunkelstunden“ erzählt hat.
 Eher als ein früher Nachfahr Tolkiens (der in Ermangelung einer satisfaktionsfähigen britischen Mythologie einfach eine eigene erfand) ist Otfried Preußler ein später Bruder Grimm; ein Romantiker mithin, dem nie und nimmer in den Sinn gekommen wäre, eine „Bastardmythologie“ (Rowlings Wort) mit den Mitteln der Postmoderne noch einmal lustvoll zu bastardisieren.Otfried Preußlers „Krabat“ – mögen ihn Kreuzpainters Bilder auch ins Computerzeitalter katapultieren – bleibt der sorbischen Sage treu, der er sich verdankt, und noch die Eulenburg, durch die Preußlers „Kleines Gespenst“ geistert, lässt sich bis heute im tschechischen Sovinec finden, Stein für Stein zum Anfassen. Aber Preußlers Geschichten, urwüchsig im besten Sinn, sind eben auch irdisch, robust und sinnlich genug, um in der Pixelwelt der Fantasy zu bestehen. Letztlich beweisen sie dort nur ihren Klassikerstatus und ihre Felsenfestigkeit – und überhaupt ist die Fantasywelle nicht die erste Mode, die über sie schwappt.

Die Klagen von Besserwissern

Neu allerdings ist das allgemeine Einverständnis, und sollte Preußler, der seit einem Jahrfünft keine Interviews mehr gibt, im heimischen Haidholzen derzeit leise triumphieren, er hätte dazu alles Recht. Geradezu dummdreist nämlich lesen sich heute die Anwürfe, denen Preußler ab Ende der Sechzigerjahre ausgesetzt war, als Besserwisser und Ideologiefresser sich über das Kinderbuch hermachten.